„Menschen bewegen –

Grenzen überwinden“


Ein Beitrag zur Auswärtigen Sportpolitik von Staatsministerin Cornelia Pieper.


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 – unter diesem Motto steht die Internationale Sportförderung des Auswärtigen Amtes. Seit mehr als 50 Jahren ist sie fester Bestandteil der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik der Bundesrepublik Deutschland. 

Ursprünge

Ihre Ursprünge hat die Internationale Sportförderung im Wettstreit der Systeme der 60er Jahre, als die Bundesrepublik im Zuge der kolonialen Unabhängigkeit vor allem in Afrika das politische „Spielfeld“ nicht, der damaligen DDR überlassen wollte. So kam es, dass die Bundesregierung 1961 erstmalig die Bezahlung eines deutschen Fußballtrainers im Ausland übernahm. Diese „Fußballdiplomatie“ war die Geburtsstunde der Internationalen Sportförderung des Auswärtigen Amtes.


Aktiv in über 100 Ländern

Seitdem blicken wir auf über 1400 sportbezogene Maßnahmen in unterschiedlichsten Sportarten in mehr als 100 Ländern zurück, die durch das Auswärtige Amt und seine Partner der Sportförderung erfolgreich realisiert wurden. Dabei verfolgte die Sportförderung des Auswärtigen Amtes von Anfang an ein übergeordnetes Ziel: Sympathiewerbung für Deutschland durch den nachhaltigen Auf- und Ausbau von Sportstrukturen in Entwicklungsländern. Es geht um weit mehr als um die Vermittlung sportlicher Inhalte und Erkenntnisse. Wir nutzen Sport als Mittel der Krisenprävention und Völkerverständigung. Sport trägt bei, Vorurteile abzubauen, Minderheiten zu integrieren und Werte zu vermitteln. Sport kann in Konfliktregionen Vertrauen schaffen, baut Brücken – über sprachliche, politische, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg. Sport steht für Fairness, Toleranz, Integration, friedlichen Wettkampf und Leistung. Er ist damit nicht nur ein gesellschaftspolitischer Stabilisator, sondern auch ein Imageträger für unser Land. Sport als Teil der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik verbindet Menschen unterschiedlicher Nationalitäten. Sport ist daher ausdrücklich in der Konzeption des Auswärtigen Amtes zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik enthalten.

Botschafter im Trainingsanzug

Die Internationale Sportförderung des Auswärtigen Amtes ist vielschichtig. In enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) werden deutsche Sportexpertinnen und -experten im Auftrag des Auswärtigen Amts ins Ausland zu Kurzzeit- und Langzeitprojekten entsandt. Als „Botschafter im Trainingsanzug“ leisten sie unter häufig schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen einen wertvollen Beitrag zum positiven Deutschlandbild. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit stehen die Beratung von Sportverbänden und die Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen für Trainerinnen und Trainer sowie für junge Sportlerinnen und Sportler.


Im Fokus: Nahost und Nordafrika

Das Auswärtige Amt fördert in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Mittel jährlich etwa 10-13 Langzeitprojekte mit einer Projektdauer von zwei bis vier Jahren und etwa 40 mehrwöchige Kurzzeitprojekte, hauptsächlich im Fußball und in der Leichtathletik, aber auch in anderen Sportarten. Neben Subsahara-Afrika und Lateinamerika liegt ein geographischer Fokus unserer Sportförderung in der Region Nahost sowie in den Transformationsländern Nordafrikas. Hier helfen wir, um v.a. jungen Menschen in ihrem von Konflikten und Gewalt geprägten Umfeld mit Sport Perspektiven zu vermitteln. Im Sportprojekt "Kicken statt kämpfen – Bolzen für Toleranz", welches das Auswärtige Amt in Kooperation mit der Freien Universität Berlin und anderen Partnern 2012 realisierte, wurden 16 palästinensische Fußballtrainerinnen und -trainer im Bereich Kinder- und Jugendfußball unter Berücksichtigung einer besonderen psychosozialen Komponente in Berlin fortgebildet. Ziel war der Aufbau einer engmaschigen Betreuung von durch gewalttätige Konflikte dauerhaft belasteten Kindern und Jugendlichen. Sie sollen durch Fußball lernen, Frustrationssituationen gewaltfrei zu lösen und sich mit dem Gedanken des Fairplays auseinanderzusetzen. In Zusammenarbeit mit dem DFB wurde 2012 zudem ein Trainingsaufenthalt der libyschen U-17-Fußballnationalmannschaft in Deutschland unterstützt.

Engagement für Frauen in der Welt

Projekte für Frauen und Mädchen sowie im Behindertensport sind ein besonderes Anliegen, um Chancengleichheit, Selbstvertrauen und gesellschaftliche Akzeptanz mit Hilfe des Sports zu transportieren. In unseren Fußballprojekten beinhaltet die Aufgabenbeschreibung unserer Sportexperten nach Möglichkeit immer eine Mädchen- und Frauenfußballkomponente. 

Das Auswärtige Amt hat die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland gezielt genutzt, um sein außensportpolitisches Engagement im Bereich Frauensport zu intensivieren. Erfolgreich wurden seitdem Frauenfußball-Projekte in Afghanistan und den Palästinensischen Gebieten durchgeführt und internationale Frauenfußball-Turniere von „Discover-Football“ in Berlin unterstützt. 

Behindertensport - Herausforderung und Chance

In vielen Ländern stehen Menschen mit Behinderung am Rande der Gesellschaft. Sport stellt für diese Gruppe häufig eine der wenigen Möglichkeiten dar, aus der gesellschaftlichen Marginalisierung zu entkommen und Selbstwertgefühl aufzubauen. Die Durchführung von Behindertensportprojekten stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar, da häufig nur schwache Strukturen im Gastland vorhanden sind. Dennoch ist es in Zusammenarbeit mit dem „Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS)“gelungen, mit einem einwöchigen Workshop in Uganda den Grundstein für den Aufbau eines nationalen Rollstuhlbasketball-Programms zu legen. In dem ostafrikanischen Land herrscht in Folge eines 20 Jahre andauernden Bürgerkrieges großer Bedarf an Rollstuhlsport. Damit sollen nicht nur die formalen Bedingungen für den Aufbau eines Rollstuhlbasketball-Verbands geschaffen, sondern soll auch bei der Rekrutierung von Spielern, der Trainer- und Schiedsrichterausbildung sowie der Gründung von Sportvereinen geholfen werden. Weitere Ansätze im Behindertensport gab es im Rahmen von zwei Kurzzeitprojekten in Südafrika und Guinea.


Trainerausbildung in Deutschland und materielle Unterstützung

Seit mehr als 35 Jahren lädt das Auswärtige Amt in Kooperation mit dem DFB, dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und den sportwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten Leipzig und Mainz sowie in der DFB-Schule Hennef zu internationalen Trainerlehrgängen nach Deutschland ein, die entsprechend zertifiziert werden. Zurückgekehrt in ihre Heimatländer sind viele dieser Absolventinnen und Absolventen wichtige Multiplikatoren und Sympathieträger Deutschlands sowie Partner und Funktionsträger in den internationalen Sportbeziehungen.

Darüber hinaus stellt das Auswärtige Amt den Projekten und Sportverbänden in den Partnerländern Sachspenden in Form von Sportgeräten, Bällen, Trikots etc. zur Verfügung.


Perspektiven durch und im Sport

Es ist unbestritten: Sport ist wichtig für das Gemeinwesen und hat herausragende gesellschaftspolitische Bedeutung. Sport bietet jungen Menschen Perspektiven und sinnvolle Freizeitgestaltung, Sport bildet durch Wertevermittlung, Sport trägt zur Gesunderhaltung der Menschen bei, Sport hat große wirtschaftliche Bedeutung und ist „international“: kein anderer gesellschaftlicher Bereich ist so global, so grenzübergreifend wie der Sport. Die „Sprache“ des Sports wird weltweit gesprochen und verstanden. Und: Sport verläuft nach anerkannten Regeln. Die größten „Events“ und meistgesehenen Ereignisse der Welt sind Sportveranstaltungen: An den
Olympischen Spielen in London 2012 nahmen 10.500 Athletinnen und Athleten aus 205 Ländern teil, etwa 20.000 Medienvertreter waren akkreditiert. Solch ein Podium hat nur der Sport, Milliarden Menschen verfolgen mittlerweile internationale Sportveranstaltungen wie Olympische Spiele oder Fußballweltmeisterschaften in den Medien und in den digitalen Netzwerken. 

Mit Spannung, aber auch mit Engagement in der Sportförderung blicken wir daher auf das im Mai 2013 beginnende Deutschlandjahr sowie die anstehenden Sportgroßereignisse – die FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien und die Olympischen und Paralympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.


Sport schafft Identität

– wir alle haben noch das Schwarz-Rot-Goldene Fahnenmeer anlässlich unseres „Sommermärchens“ zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland vor den Augen. Wir erinnern uns, wie sich ganz Afrika auf die erste Fußballweltmeisterschaft auf dem afrikanischen Kontinent 2010 in Südafrika gefreut hat. Die Olympischen Spiele in London 2012 haben zweifelsohne in Großbritannien neues Nationalgefühl entfacht und internationales Ansehen befördert. Sportliche Erfolge sowie Sportgroßveranstaltungen tragen maßgeblich zur Außendarstellung eines Landes bei. Weltbekannte deutsche Spitzensportlerinnen und –sportler – ich denke da z.B. an Steffi Graf, Magdalena Neuner, Dirk Nowitzki, Timo Boll, Sebastian Vettel, die DFB-Elf – sind nicht nur Vorbilder, sondern prägen das Image „Made in Germany“ genauso positiv wie unsere technischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leistungen. Als eine der führenden Sportnationen messen wir uns im Wettbewerb nicht nur mit anderen, sondern möchten auch andere an unseren Erfahrungen, Ideen, Konzepten und Erfolgen teilhaben lassen. Auch damit wollen wir uns als weltoffenes, faires, ambitioniertes und tolerantes Land präsentieren, das bereit ist, sich für andere Länder zu engagieren. Hier leistet die Internationale Sportförderung des Auswärtigen Amtes einen wertvollen Beitrag.


Die völkerverbindende Kraft des Sportes

Es war der deutsche Fußballtrainer Rudi Gutendorf, für den das Auswärtige Amt 1961 die Bezahlung seiner Trainertätigkeit in Tunesien übernahm. Auch heute, seit den Umbrüchen vor 2 Jahren, ist Tunesien ein Schwerpunktland im Rahmen der Transformationspartnerschaft des Auswärtigen Amtes. Erst vor kurzem, im Januar 2013, unterstützte das Auswärtige Amt in Zusammenarbeit mit dem DFB eine Fußball- und Begegnungsreise des deutschen Fußball-Hochschulmeisters, der Universität Bielefeld, nach Tunis. Auf dem Programm standen neben mehreren Fußballspielen auch Workshops, interaktive Trainingseinheiten, Diskussionsforen und Austausch mit tunesischen Fußballspielern sowie ein Treffen mit Studentinnen und Studenten der Germanistik.

Diese große völkerverbindende Kraft des Sportes wollen wir mit der Internationalen Sportförderung weiter zum Wohle unserer außenpolitischen Beziehungen nutzen. Dafür setze ich mich als Staatsministerin im Auswärtigen Amt mit ganzer Kraft ein.


Weitere Informationen zur Internationalen Sportförderung des Auswärtigen Amtes, insbesondere zu den Projekten finden Sie unter www.sport.diplo.de.